Bislang kommen die Deutschen bei der Grundsteuer gut weg: Im bundesweiten Durchschnitt zahlen die privaten Haushalte für die Steuer, die auf Grundeigentum anfällt, etwa 200 Euro im Jahr. Ob in Großbritannien, USA oder Australien – in vielen anderen Ländern ist für die Bürger ein Vielfaches des deutschen Niveaus fällig. Doch wird das so bleiben?
Nachdem das Bundesverfassungsgericht das bisherige Verfahren zur Erhebung der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt hat, machen sich viele Menschen Sorgen, ob sie in Zukunft mehr bezahlen müssen. Am Mittwochabend diskutierten die Finanzminister von Bund und Ländern über die Grundsteuer. Noch sind sie uneins, wie eine Reform aussehen könnte. Ziemlich sicher ist aber schon jetzt, dass „einige Gruppen oder Personen mehr bezahlen müssen – andere auch weniger“, sagt Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU). Und fest steht ebenfalls bereits: Die Forderung des Deutschen Mieterbunds, Vermietern zu verbieten, die Grundsteuer als Betriebskosten auf die Mieter umzulegen, wird nicht erfüllt werden. „Das wird auch in Zukunft so bleiben“, sagt Bayerns neuer Finanzminister Albert Füracker (CSU).
Es geht um viel Geld: 14,3 Milliarden Euro dürften die Kommunen 2018 mit der Grundsteuer einnehmen, rechnet das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) vor. 60 Prozent entfallen auf die privaten Haushalte, der Rest auf die Wirtschaft, die Unternehmen, die ebenfalls zahlen müssen. Für die Städte und Gemeinden ist die Grundsteuer damit eine der wichtigsten Einnahmequellen. Auch dies soll mit der Reform so bleiben, und zwar so, dass das Aufkommen möglichst stabil bleibt. Viel Zeit für das komplizierte Gesetzeswerk ist ohnehin nicht. Das Bundesverfassungsgericht hatte verfügt, dass bis Ende 2019 das Reformgesetz verabschiedet sein muss, da die Grundstückswerte (Einheitswerte) für die Erhebung der Grundsteuer völlig veraltet sind.
Nur: Wie könnte eine Reform aussehen? Und welches Konzept hat die besten Chancen, umgesetzt zu werden?
Die Neubewertung
Die von den Verfassungsrichtern beanstandeten Einheitswerte sind im Osten von 1935, im Westen von 1964. Heute sind die Grundstücke und die darauf stehenden Immobilien oft sehr viel mehr wert. Man könnte deshalb die Einheitswerte aktualisieren, um eine wirklichkeitsnahe Grundlage für die Erhebung der Grundsteuer zu haben. Dafür müssten 35 Millionen Objekte für die Grundsteuer neu bewertet werden. Dass es dazu kommt, ist höchst unwahrscheinlich, nicht nur, weil das Personal dafür fehlt und dies bis zu zehn Jahre dauern könnte. Der Aufwand wäre auch zu groß und ökonomisch widersinnig. Stefan Bach vom Berliner DIW rechnet vor: Je Objekt fällt eine durchschnittliche Grundsteuer von 410 Euro an, bei Wohnungen sind es 200Euro. Ein professionelles Wertgutachten, um den Verkehrswert für ein Eigenheim oder eine Eigentumswohnung zu ermitteln, kostet aber leicht 1000Euro und mehr. Dass Politik und Finanzverwaltung auf eine solche Neubewertung setzen, ist deshalb sehr unwahrscheinlich.
Das Kostenwert-Modell
Dieser Vorschlag, den die meisten Bundesländer unterstützen, ließe sich leichter umsetzen. Maßgeblich für alle Objekte ist demnach zunächst der vorhandene Bodenrichtwert, mit dem sich der Grundstückswert (ohne Immobilie) errechnen lässt. Bei bebauten Grundstücken wird beim Kostenwert-Modell zusätzlich der Gebäudewert ermittelt, abhängig auch vom Gebäudetyp. Gerechnet wird dabei mit pauschalen Herstellungskosten je Quadratmeter Grundfläche des Gebäudes. Bei Altbauten soll es aber möglich sein, bis zu 70 Prozent an Alterswertminderung abzuziehen. DIW-Experte Bach warnt jedoch vor neuen „Ungleichbehandlungen. Im Durchschnitt werden Neubauten stärker belastet, während modernisierte Altbauten von der hohen Alterswertminderung profitieren“, schreibt der Ökonom in einer Analyse der Modelle. Fazit: Das Konzept ist nicht ohne Nachteile, hat aber bessere Erfolgsaussichten.
Der bayerische Weg
Bei diesem Vorschlag, bekannt auch als „Südländer-Modell“, das vor allem von Bayern vertreten wird, wären die reinen Flächen von Grundstücken und Gebäuden Grundlage für die Steuerhöhe. Diese Werte lassen sich zum Teil ableiten aus den Informationen der Kataster- und Grundbuchämter. „Wir wollen eine einfache und faire Grundsteuer, ermittelt nach Grundstücksgröße und Wohn- beziehungsweise Nutzfläche des auf dem Grundstück befindlichen Gebäudes“, sagt Bayerns Finanzminister Füracker. Beides seien Faktoren, die sich nicht jährlich änderten, und damit eine gute Basis für die Grundsteuer. Auch ließen sich so „Steuererhöhungen durch die Hintertür“ vermeiden. Das Konzept lässt sich deshalb wohl am leichtesten und schnellsten von allen Vorschlägen umsetzen, hat aber einen großen Nachteil: „Qualitativ minderwertige Objekte in schlechten Lagen werden bei gleicher Grundstücksfläche und Wohn/Nutzfläche genauso hoch besteuert wie hochwertige Objekte in guten Lagen“, warnt Bach. „Mehrfamilienhäuser verlieren gegenüber Eigenheimen“, das benachteilige die ärmere Bevölkerung.
Die Bodenwertsteuer
Schon in der Bayerischen Verfassung heißt es: „Steigerungen des Bodenwertes, die ohne besonderen Arbeits- oder Kapitalaufwand des Eigentümers entstehen, sind für die Allgemeinheit nutzbar zu machen.“ Die Realität sieht anders aus. In vielen Regionen Deutschlands wird mit unbebauten Grundstücken spekuliert. So mehren sich die Stimmen für eine reine Bodenwertsteuer, bei der die Gebäude unberücksichtigt bleiben. Der Mieterbund, Naturschützer, Gewerkschaften sind dafür, so unbebaute Grundstücke stärker zu belasten, damit das Horten von Bauland einzudämmen und Bodenwertsteigerungen über die Steuer abzuschöpfen. Profitieren würden davon vor allem Mieterhaushalte und Eigentümer in Mehrfamilienhäusern in kleineren Gemeinden bis hin zu mittleren Großstädten. In Millionenstädten wie München oder Berlin, wo Mehrfamilienhäuser oft auf teurem Grund stehen, käme es zu höheren Belastungen. Auch Thüringens Finanzministerin Heike Taubert (SPD) plädiert für einen „Gerechtigkeitsfaktor“, bei dem der Wert und die Lage von Grundstücken eine Rolle spielen. „Es sollte mehr bezahlt werden für ein Grundstück beispielsweise am Bodensee als in den vielen ländlichen Regionen Deutschlands“, sagt sie. Länder wie Bayern mit zum Teil rasant gestiegenen Grundstückspreisen lehnen das Modell aber strikt ab. Auch Niedersachsens Finanzminister Hilbers fürchtet dadurch höhere Steuern: „Das sollten wir vermeiden.“
Quelle: XING
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