Immer wieder kommt es zum Streit darüber, ob seitens des Versicherers geleistete Provisionsvorschüsse von dem Versicherungsmakler zurückgezahlt werden müssen, wenn sie nicht ins „Verdienen“ gebracht worden sind. Hier greifen bestimmte rechtliche Grundsätze, die Rechtsanwalt Dr. Frank Baumann, Wolter Hoppenberg Rechtsanwälte, zusammenfasst.
Was passiert mit Provisionsvorschüssen, die ein Versicherungsmakler vom Versicherer erhalten hat, wenn der Versicherungsvertrag nicht ausgeführt wird? Ob der Makler diese dann zurückzahlen muss, hängt von bestimmten rechtlichen Grundsätzen ab. Die folgenden lassen sich festhalten:
Die Courtage teilt das Schicksal der Prämie
Für die Rückzahlung eines Provisionsvorschusses haftet der Versicherungsmakler, wenn er die Provision nicht gem. § 652 Abs. 1 BGB verdient hat, wegen ungerechtfertigter Bereicherung gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Fall BGB, es sei denn, die Parteien haben für den Fall, dass der Provisionsanspruch nicht entsteht oder später wegfällt, eine hiervon abweichende Vereinbarung getroffen.
Abweichend von § 652 BGB verdient der Versicherungsmakler seine Courtage nicht schon mit dem Abschluss des von ihm vermittelten Versicherungsvertrages. Voraussetzung seines Courtageanspruchs ist vielmehr die Ausführung des Versicherungsvertrages, also die Prämienzahlung durch den Versicherungsnehmer. Es gilt der Grundsatz, dass die Courtage das Schicksal der Prämie teilt. Die Zahlung der vereinbarten Prämie stellt sich als aufschiebende Bedingung dafür dar, dass ein Courtageanspruch entsteht. Soweit der Versicherungsmakler seine Courtage erhält, bevor der Versicherungsnehmer die Prämien in der maßgeblichen Höhe entrichtet hat, handelt es sich deshalb um Vorschusszahlungen.
Annäherung der Stellung eines Maklers an die eines Vertreters?
Auf den Versicherungsmakler in ihrem Wortlaut nicht anwendbar ist die handelsvertreterrechtliche Schutzvorschrift des § 87a Abs. 3 HGB. Nach der Vorschrift besteht auch dann ein Anspruch auf Provision, wenn feststeht, dass der Unternehmer – also hier der Versicherer – das Geschäft ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen worden ist. Dies hat dann zur Folge, dass der Anspruch auf Provision im Fall der Nichtausführung entfällt, wenn und soweit dies auf Umständen beruht, die der Unternehmer nicht zu vertreten hat. Da sie auf Makler nicht anwendbar ist, schuldet der Versicherer ihm gegenüber keine Nachbearbeitung.
Allerdings kann ein Versicherungsmakler im Einzelfall genauso schutzwürdig sein wie ein Versicherungsvertreter. Eine solche Schutzbedürftigkeit wird zum Beispiel dann bejaht, wenn der Versicherungsmakler von dem Versicherer in ähnlicher Form wirtschaftlich abhängig ist wie ein Versicherungsvertreter. Nach anderer Auffassung scheidet eine solche entsprechende Anwendung des § 87a Abs. 3 HGB auf Versicherungsmakler in Ermangelung einer Regelungslücke hingegen aus.
Der BGH hat diese Frage in seinem Urteil vom 01.02.2010 – Az. XII ZR 310/09 – ausdrücklich offengelassen. Allerdings hat er darauf hingewiesen, dass jedenfalls der Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) im Einzelfall Anlass für eine abweichende rechtliche Beurteilung geben kann. Nach Auffassung des BGH kann jedenfalls ausnahmsweise eine Verpflichtung des Versicherers gegenüber dem Versicherungsmakler bestehen, notleidende Versicherungsverträge nachzubearbeiten. Nach Auffassung des BGH spricht für eine Annäherung der Stellung eines Maklers an diejenige eines Versicherungsvertreters insbesondere die Vereinbarung von Vorschusszahlungen im Rahmen von Vergütungsregelungen.
„Bestandspflegegeld“ ist nicht ausschlaggebend
Allein die Vereinbarung eines Provisionsvorschusses wird allerdings nicht ausreichen, eine entsprechende Anwendbarkeit des § 87a Abs. 3 HGB zu rechtfertigen. Hinzukommen muss vielmehr, dass der Versicherungsmakler in einem ähnlichen Maße wie ein Versicherungsvertreter schutzbedürftig ist. Davon ist nur dann auszugehen, wenn eine vergleichbare wirtschaftliche Abhängigkeit des Versicherungsmaklers von den seitens des Versicherers gezahlten Courtagen besteht. Dies kann der Fall sein, wenn der Versicherungsmakler nicht nur weit überwiegend Courtagen von dem betroffenen Versicherer bezieht, sondern auch in sein Organisationssystem eingebunden ist (vgl. OLG Celle, Beck RS 2011, 01178). Nicht entscheidend ist, ob der Versicherungsmakler auch für Pflege, Betreuung und Nachbearbeitung von Versicherungsverträgen ein „Bestandspflegegeld“ erhält (OLG Celle, Beck RS 2011, 01178), denn diese Tätigkeit wird nicht für den Versicherer, sondern für den Versicherungsnehmer erbracht.
Die entscheidenden Kriterien sind daher zum einen die wirtschaftliche Abhängigkeit des Versicherungsmaklers vom Versicherer, die vor allen Dingen von den prozentualen Anteilen der an den Versicherungsmakler gezahlten Courtagen abhängt, und die Einbindung in das Organisationssystem des Versicherers. Wenn die Gesamtbetrachtung den Schluss zulässt, dass der Versicherungsmakler wirtschaftlich betrachtet eher einem Versicherungsvertreter nahesteht, dann ist auch eine entsprechende Anwendung des § 87a Abs. 3 HGB gerechtfertigt, sodass in diesem Fall der Versicherer dezidiert darzulegen und vorzutragen hat, aus welchem Grund die Nichtausführung des Versicherungsvertrages (Nichtzahlung der Versicherungsprämie) nicht durch ihn zu vertreten ist.
Vertreterähnliche Abhängigkeit ist zu vermeiden
Wer als Versicherer nach allem vermeiden will, dass ernsthaft über die Anwendbarkeit des § 87a Abs. 3 HGB auf das Rechtsverhältnis zwischen ihm und einem Versicherungsmakler diskutiert wird, sollte Vertragsgestaltungen vermeiden, die zu einer vertreterähnlichen Abhängigkeit des Versicherungsmaklers vom Versicherer führen.
Quelle: AssCompact
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